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21.10.2020 - INSPIRE – Die Umsetzung einer europäischen Richtlinie erreicht im Freistaat Sachsen einen wichtigen Meilenstein
INSPIRE (Infrastructure for Spatial Information in the European Community), die 2007 vom Europäischen Parlament und dem Rat erlassene Richtlinie zur Schaffung einer Geodateninfrastruktur in der Europäischen Gemeinschaft (Richtlinie 2007/2/EG) erreicht am 21.10.2020 auch in Sachsen einen wesentlichen Meilenstein für die Bereitstellung von Geodaten.
Zu diesem Zeitpunkt waren interoperable Geodaten für die insgesamt 34 Datenthemen der Richtlinie über Darstellungs- und Downloaddienste verfügbar zu machen. Diese Vorgabe konnte erfolgreich erfüllt werden. Zahlreiche Geodaten verschiedener geodatenhaltender Stellen aus dem Freistaat sind veröffentlicht und z. B. über das Geoportal Sachsenatlas zugänglich und nutzbar. Dieses hervorragende und deutschlandweit beispielhafte Ergebnis zu erreichen erforderte jedoch sehr viel Engagement und hohen organisatorischen Aufwand. Die folgenden Zeilen sollen einen kleinen Eindruck davon vermitteln.
Zu Beginn bedurfte es einer landesrechtlichen Umsetzung der europäischen Vorgaben, die mit dem Gesetz über die Geodateninfrastruktur im Freistaat Sachsen - das Sächsische Geodateninfrastrukturgesetz – SächsGDIG im Jahr 2010 in Kraft trat. Damit waren die Weichen für die Verantwortlichkeiten und die Strukturen in Sachsen gestellt sowie die für eine GDI erforderlichen Komponenten, der Anwendungsbereich, die Zuständigkeiten, der Betrieb der GDI Sachsen und die für Sachsen relevanten 32 Datenthemen geregelt. Kernaussagen darin sind:
- Das zuständige Fachministerium, jetzt das SMR, koordiniert den Betrieb und der GeoSN unterstützt bei der Koordinierung.
- Für die Bereitstellung der größtenteils den Umweltbereich betreffenden Daten sind die geodatenhaltenden Stellen (ghS) verantwortlich.
- Der GeoSN ist für die technischen Funktionalitäten der zentralen Netzdienste, das Metadateninformationssystem und den Betrieb des Geoportals Sachsenatlas verantwortlich. Außerdem unterstützt er alle ghS bei der INSPIRE-konformen Transformation und Bereitstellung deren Daten.
Es scheint auf den ersten Blick eine relativ „einfache Formel“. Dass es nicht so einfach ist und war, wissen alle Beteiligten. Für die Umsetzung des gesamten Vorhabens wurde deshalb 2012 eigens das Projekt Sax4INSPIRE ins Leben gerufen. Ziel des Projektes war es, Daten für jedes Thema in einem landesweiten INSPIRE-Datensatz bereitzustellen.
Abbildung 1: Schema der Datentransformation
Um die Dimension des Projektes zu verdeutlichen, sollen die wesentlichen Schritte der Umset-zung anhand einiger Eckwerte kurz erläutert werden.
Schritt 1:
- Identifikation von ca. 4.000 betroffenen Geodatensätzen bzw. -diensten; durchschnittlich wurden 20 – 30 Datensätze für ein Datenthema identifiziert
- Durchführung unzähliger Auftaktveranstaltungen, Abstimmungsbesprechungen und Workshops mit den ghS
- Identifikation von über 50 ghS, wie z. B. LfULG, GeoSN, Oberbergamt, Planungsverbände, Landestalsperrenverwaltung, Sachsenforst, Straßenbauverwaltung und LISt GmbH, Bildungs- und Justizverwaltung, Landesdirektion, Energieversorger u. v. a.
- (Auf-)Klärung von Zuständigkeiten, Auflösung von Mehrfacherfassungen, Datenqualifizierung, ggf. Transformation in das amtliche Bezugssystem
Schritt 2:
- Überführung der Fachdaten in das INSPIRE-Datenmodell, dabei
- fachliche Schema-Transformation durch die ghS
- technische Schema-Transformation durch den GeoSN
Schritt 3:
- Aufbereitung in INSPIRE-konforme Darstellungs- und Download-Dienste
- fachliche und technische Qualitätskontrolle durch die ghS und den GeoSN
- Veröffentlichung der Dienste über das Geoportal Sachsenatlas
- Abgleich und Bereinigung von über 4.000 Metadatensätzen zu den Ausgangsdaten
Schritt 4:
- Entwicklung eines Aktualisierungskonzeptes
Stufenweise Bearbeitung der INSPIRE-Datenthemen
Nicht alle Dienste zu den verschiedenen Datenthemen mussten gleichzeitig veröffentlicht werden. Dazu war ein mehrstufiges Verfahren vorgesehen. Je nachdem, welches Datenthema welchem Anhang (Annex) zugeschrieben ist, galt das jeweilige Veröffentlichungsdatum, bis November 2017 waren die interoperablen Daten zu den Themen des Anhanges I zu veröffentlichen, bis Oktober 2020 die Daten für die Anhänge II und III.
Tabelle 1: Überblick der Datenthemen zu den Anhängen
2007 nahm die Koordinierungsstelle GDI im Landesvermessungsamt / GeoSN ihre Arbeit auf. Vorerst waren Konzepte und Vorgehensweisen zu erarbeiten und ghS anzusprechen und für die INSPIRE-Umsetzung zu sensibilisieren. Bis 2017 stand zunächst das Sammeln von Erfahrungen und die Bearbeitung von sieben Datenthemen aus dem Anhang I im Fokus. Schnell wurde klar, dass für eine anforderungsrechte Bearbeitung der weiteren Themen eine personelle Verstärkung erforderlich wird, die 2019 projektbezogen möglich wurde. Mit dieser Verstärkung konnte die Umsetzung der Datenthemen der Anhänge II und III aktiv angegangen und zu einem guten Ergebnis geführt werden.
Dazu trug nicht zuletzt auch eine zunehmende INSPIRE-Identifizierung bei den ghS bei, die sich insbesondere bei den komplexen Datenthemen z. B. aus Landwirtschaft, Geologie und Umwelt aktiv einbringen mussten. Hatten es doch gerade diese Ausgangsdaten in sich, auch weil identifizierte Datensätze noch in nicht geeigneter digitalisierter Form vorliegen bzw. sich erst im Prozess der Digitalisierung bei den geodatenhaltenden Stellen befinden.
Nichtsdestotrotz kann zum Stichtag 21.10.2020 für jedes Datenthema mindestens ein Datensatz präsentiert werden, z. T. inhaltlich noch nicht vollumfänglich. Alle veröffentlichten Darstellungs- und Downloaddienste können im Geoportal Sachsenatlas – Karteninhalt: INSPIRE-Darstellungsdienst kostenfrei und von jedermann aufgerufen werden. Im Bereich INSPIRE Geodaten-/Diensteübersicht (Annex I, II und III) des Geoportals Sachsenatlas finden Sie Näheres.
Nach INSPIRE ist vor INSPIRE – Aufgaben, die noch bzw. dauerhaft vor uns stehen
Mit all den Anstrengungen in den letzten Jahren haben wir einen großen Schritt erfolgreich zurückgelegt. Weitere Aufgaben warten aber noch auf ihre Erledigung, so z. B. alle Arbeiten, um den nun einsetzenden Dauerbetrieb zu gewährleisten. Beispielhaft seien hier genannt:
- An erster Stelle steht die vorgeschriebene mindestens halbjährliche Aktualisierung und Laufendhaltung der Daten.
- Bisher noch nicht erfasste Datensätze sind noch zu identifizieren, zu qualifizieren und damit das jeweilige Datenthema in dem regelmäßig stattfindenden Release anzureichern. Es ist davon auszugehen, dass im Zuge der Digitalisierungsbestrebungen weitere, bisher noch analog vorliegende, Daten hinzukommen werden.
- Für die stabile Bereitstellung der Daten und Dienste ist es erforderlich, diese und die genutzte Technologie jeweils an die technische Entwicklung und neue Standards anzupassen.
- Die mit hohem Aufwand veröffentlichten Daten sind einer dauerhaften Nutzung zuzuführen. Dazu gilt es Konzepte zu erarbeiten bzw. die seitens der EU erarbeiteten Konzepte umzusetzen.
Zwei konzeptionelle Ansätze stehen bereits auf der Agenda, die Initiative „GreenData4All“ der Europäischen Kommission bzw. die Möglichkeit zur Durchführung regionaler und überregionaler Daseinsvorsorgeanalysen mithilfe dieser INSPIRE-Datensätze.
Es bleibt nur zu wünschen, dass alle, die bisher so engagiert an den INSPIRE-Herausforderungen gearbeitet haben, weiter am Thema bleiben bzw. für die Aufgaben zur Verfügung stehen.
Beispiele INSPIRE-Dienste